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Licht und Seele (Chronobiologie)
Wieder steht die dunkle und kalte Jahreszeit vor der Tür. Denken auch Sie mit Schrecken daran? Ist für Sie der Winter eine Zeit, in der das Aufstehen, das Arbeiten vermehrt Energie kostet? Sind Sie im Winter mehr und häufiger niedergeschlagen, antriebs- und lustlos als im Sommer? Kommt dies „alle Jahre wieder…“ ? Dann könnte es sein, dass Ihnen Lichttherapie hilft. Depressionen und Verstimmungszustände, die mit den kürzer werdenden Tagen und der Kälte im Herbst einhergehen, sind durch genaue Diagnostik erkennbar und mit Licht heilbar. Die käuflich erhältlichen Lichttherapiegeräte sind zwar weder gefährlich noch schädlich, aber teuer und sollten daher nur angewendet werden, wenn ein Psychiater dies empfiehlt. Es gibt auch andere Maßnahmen die Krankheit der „saisonalen Depression“ zu behandeln…
Lichttherapie nicht nur bei "Winterdepression"?
Im heutigen Berufsalltag kommt es häufig vor, dass wir – besonders im Winter – noch bei Finsternis das Haus verlassen, am Arbeitsplatz auch nur künstliches Licht haben und abends bereits im Dunkeln wieder nach Hause kommen. Viele Menschen haben so tagelang kein natürliches Licht. Manchen macht dies nichts, manche aber bekommen Symptome, die einer speziellen Form von Depression zuzuordnen sind.
Kritisch muss angemerkt werden, dass wir allgemein sehr sparsam mit Tageslicht umgehen. Von der Wohnung zur Arbeit fahren wir mit dem Auto oder einem anderen geschlossenem Verkehrsmittel. Nur wenigen ist es möglich zu Fuß oder auf dem Rad zur Arbeit zu gelangen. Unsere Arbeitsplätze sind meist in relativ dunklen Räumen, die Fenster, wenn überhaupt vorhanden sind oft klein oder verdunkelt um die Bildschirmarbeit nicht zu erschweren. Aber auch helle Räume haben verglichen mit dem Freien sehr wenig Licht.
Wo viel Licht ist…
…ist nicht immer nur viel Schatten, sondern Licht fördert auch das Wohlbefinden.
Die auf eine Fläche auftreffende Lichtmenge wird in „Lux“ gemessen.
Im Freien bei Tag sind zwischen 1.000 Lux (dunkler Wintertag) und 100.000 (Sonnenlicht) anzutreffen.
Gut ausgeleuchtete Arbeitsräume (Schulklassen) weisen höchstens 500 Lux auf, was nicht immer als angenehm erlebt wird.
Denn außer der Lichtmenge ist auch die Farbe des Lichts, bzw. seine Spektralzusammensetzung für unser Wohlbefinden notwendig. Während Tageslicht immer ein ganzes Spektrum, also alle Farben aufweist, die zusammen „weiß“ ergeben, ist dies bei den üblichen Leuchtstoffröhren nicht der Fall. Sie beinhalten lediglich einige schmale Ausschnitte des Spektrums, sog. Banden, die zusammen sich auf die Farbe weiß ergänzen. Das heißt: Neonlicht schaut zwar weiß aus, es fehlen aber die für unser Leben sehr wichtigen anderen Spektralfarben, die energetisierend bzw. harmonisierend wirken. Das bedeutet aber, dass der für uns nützliche Anteil des üblichen Kunstlichts noch viel geringer ist, als dies durch Beleuchtungsmessung anzunehmen wäre.
Im Winter ist nun der Tageslichtanteil, den wir abbekommen, noch geringer. Unser Körper und unsere Seele sind aber auf das Leben im Freien eingestellt, wie es viele Jahrtausende stattgefunden hat. Im Winter ist die Zeit der Ruhe und des sparsamen Haushaltens mit den Körpervorräten. Daher sind wir auf Rückzug und wenig Licht eingestellt. Wenn wir aber dennoch voll arbeiten und uns voll belasten reagiert der Körper mit vermehrten Hunger, Müdigkeit und Gewichtszunahme. Das wäre an sich typisch für Menschen in den mittleren Breiten, die seit zig Generationen auf die natürlichen Rhythmen der Jahreszeiten eingestellt sind.
In unserer modernen Welt ist aber im Herbst und Winter keine Zeit für Ruhe und Winterschlaf. Daher wird von manchen Menschen, die eigentlich dieser Zeit der Ruhe bedürften die dunkle Jahreszeit als deprimierend und negativ erlebt. Dies kann zu ausgeprägten depressiven Verstimmungen führen.
Die Kennzeichen der "Saisonalen Depression"
1. Müdigkeit, Schlafbedürfnis
2. sozialer Rückzug
3. vermehrter Appetit v.a. Kohlenhydrate / Süßes
4. Gewichtszunahme
5. negative, depressive Gedanken
6. Antriebs- und Entscheidungsschwäche
Während die ersten vier Symptome, wenn man sie im Rahmen der Jahresökonomie des menschlichen Energiehaushalts sieht noch sinnvoll sein können, werden die Punkte 5 und 6 als stark beeinträchtigend erlebt und können einen behandlungsbedürftigen Krankheitszustand kennzeichnen, besonders wenn sie mehrere Jahre hintereinander auftreten. Daher ist in diesem Fall an Lichttherapie zu denken.
Was ist Lichttherapie eigentlich?
Im psychiatrischen Sinn (es gibt auch hautärztliche, endokrinologische und onkologische Anwendungen von Licht) wird Lichttherapie zur „Verlängerung“ des Tages eingesetzt.
Dazu verwendet man Geräte die in ausreichender Menge tageslichtähnliches Licht abstrahlen. Diese Lichttherapiegeräte sind große Lichtwannen, in der einige spezielle Leuchtstoffröhren nebeneinander angebracht sind. Mit einem Stativ werden die Geräte in Augenhöhe knapp vor dem Patienten positioniert. Das Licht dieser speziellen Röhren weist – annähernd so wie Tageslicht – wesentlich mehr Bestandteile des natürlichen Spektrums auf als eine herkömmliche Neonröhre.
Das Gerät soll im Abstand mindestens von 30cm eine Beleuchtungsstärke von 10.000 Lux erreichen. Da der Patient entweder ins Licht blicken, oder daneben etwas arbeiten, lesen oder fernsehen soll, muss das Gerät gut schwenkbar und stabil aufzustellen sein.
Im Fachhandel erhältliche Geräte kosten ohne Stativ ca. 170,– bis 500,– € und enthalten die genannten Spezialleuchtröhren und eine Beleuchtungsstärke von 10.000 Lux in 30cm Entfernung. Es ist also eine verhältnismäßig teure Anschaffung und daher sollte durch den Facharzt sichergestellt werden, ob das Lichttherapiegerät überhaupt indiziert ist.
Denn wie ich bereits in meinem Monatstipp von Dez. 2000 erwähnt habe kann bei leichteren Formen von Winterdepression Bewegung im Tageslicht helfen. Liegt jedoch eine schwerere Form vor, können Medikamente oft einfacher und sicherer helfen.
Lichttherapie hat zwar keine schädlichen Nebenwirkungen, sie kostet aber Zeit. Nicht jeder Berufstätige kann morgens und abends je eine halbe Stunde vor der Leuchte sitzen oder liegen.
Wie wird Lichttherapie sinnvoll eingesetzt?
Bei den betreffenden Menschen kann es gut sein bereits im Oktober mit einer „Verlängerung der Tageslichtzeit“ zu beginnen. Es wird empfohlen morgens vor Tagesanbruch und abends nach der Dämmerung je eine halbe Stunde einer Beleuchtungsstärke von 10.000 Lux bzw. je 2 Stunden 2.500 Lux ausgesetzt zu sein.
Depression ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern und nicht jede Form von Müdigkeit und Hunger nach Süßem im Winter ist eine eine – lichtabhängige – Winterdepression. Es ist daher sehr wichtig, vor dem Kauf eines Lichttherapiegerätes den Facharzt aufzusuchen. Nur mit der klaren und erfahrenen Diagnostik können Sie sicher sein, dass Sie den richtigen Weg gehen.
Kann Lichttherapie auch schaden?
Licht ist eine (hochwertige) Energieform. Daher reagiert der Körper darauf. Wir alle wissen, dass zu viel Sonnenlicht, bzw. zu viel UV-Anteil im Sonnenlicht schädlich sein kann. Aber wie ist es mit der Lichttherapie? Physikalisch ist hier keine Gefahr:
Die geprüften Lichttherapiegeräte lassen nur sichtbares Licht mit nur sehr geringen UV-Anteil heraus. Daher besteht kein Risiko bezügl. Augenschäden oder Hautkrebs. Außerdem sollten sie kein sichtbaren Flimmern aufweisen, somit kommt es auch nciht zur Ermüdung der Augen oder zu einer schädlichen Reizung des Gehirns. Dennoch sollte die Lichttherapie auf maximal 90 min / Tag eingeschränkt werden, da eine Dauerbeleuchtung nicht sinnvoll ist. Insgesamt ist es besser ein Therapiegerät zu haben und es gezielt einzusetzen, als einen Arbeitsraum mit diesem Licht zu überfluten.
So einfach es auch erscheint, den uralten Rat zu befolgen bei Mattigkeit und Abgeschlagenheit an die frische Luft und in die Sonne zu gehen, so komplex ist das Thema der saisonalen Depression und ihrer Behandlung mit Licht. Suchen Sie daher das Gespräch mit dem kompetenten Facharzt, es lohnt sich allemal.
(© Possnigg 2012)